MACHBARKEITSSTUDIE ZWISCHENNUTZUNG PALAST DER REPUBLIK
Ende 2002 wird die Asbestsanierung im Palast der Republik abgeschlossen sein. Bis zur Neubebauung bleibt die Ruine in den nächsten Jahren bestehen. Der Bund als Eigentümer hat seine Bereitschaft geäußert, das Gebäude zu öffnen – vorausgesetzt, die Bespielung erfolgt befristet und ohne Kosten für den Staat. Das Forschungsprojekt Urban Catalyst der TU Berlin führte daraufhin eine Machbarkeitsstudie durch, die Antworten gibt auf die verschiedenen Fragen der Realisierung – von baulichen Maßnahmen, über die Finanzierung bis hin zu einem Betreiberkonzept. Parallel dazu wurden von Kulturschaffenden Nutzungsvorschläge entwickelt.
Sinn und Zweck der Zwischennutzung Die Ruine des Palast der Republik wird in den nächsten Jahren einen zentralen Bereich der Berliner Innenstadt prägen. Diese zunächst problematische Situation wird als Chance begriffen, um
- a) bewusst Abschied zu nehmen von einem Gebäude, das wie kein anderes für die DDR-Gesellschaft von zentraler Bedeutung war und dessen unvermeidbare Asbestsanierung von vielen als symbolischer Akt eines kalten Abrisses angesehen wurde.
- b) eine kritische und innovativ-experimentelle Auseinandersetzung mit der Geschichte und Zukunft des Ortes zu führen
- c) den Ort zu beleben und das Gebäude für die zahlreichen bereits bestehenden Initiativen zugänglich zu machen.
- d) damit zugleich die ästhetisch faszinierende Räumlichkeit des auf seine Grundstruktur rückgebauten Großgebäudes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
- e) öffentliche Nutzung mit experimentellem und internationalem Charakter am Ort zu etablieren, um somit die Nutzungsvorstellung für die spätere Neubebauung positiv zu beeinflussen und den bisherigen Diskussionshorizont zu erweitern
- f) die Symbolik des Ortes zu nutzen, um innovative und neue Formen städtischen Lebens ins öffentliche Bewußtsein zu heben.
Eine Motivation für die Zwischennutzungskonzeption seitens Studio Urban Catalyst ist der Wunsch, den seit den 90er Jahre in Berlin entstanden und international beachteten kulturellen und ökonomischen Neuentwicklungen im Bereich von Kunst, Kultur und Medien einen größeren Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein einzuräumen, und damit Impulse für die Ideen zur zukünftigen Entwicklung der von Krisen gezeichneten Stadt zu geben.
Ausgehend von den vom Bund genannten Rahmenbedingungen und den Bedürfnissen bereits formulierter Nutzungskonzepte begann das Studio Urban Catalyst im Februar 2002 das vorliegende Realisierungskonzept für eine Zwischennutzung zu entwickeln. Die Studie entstand in enger Abstimmung mit der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, dem Bezirksamt Mitte als genehmigender Behörde und den Nutzungsinteressenten.
Die bisher berücksichtigten und in diesem Faltblatt vorgestellten Nutzungskonzepte sind nur ein Ausschnitt aus den möglichen Nutzungen. Es gibt eine Vielzahl von Akteuren innerhalb und außerhalb Berlins, die Interessen, Ideen und die Mittel haben, Projekte für diesen prominenten Ort zu entwickeln. Das genaue Nutzungsprofil ist unter den folgenden Rahmenbedingungen durch ein kuratorisches Teams zu konkretisieren:
- a) Priorität besitzen Projekte, die sich mit dem Ort, seiner Geschichte und Zukunft als Schauplatz Deutscher Geschichte auseinandersetzen. Sie adressieren eines der Hauptziele des Zwischennutzung, vom Palast der Republik bewusst Abschied zu nehmen.
- b) Eine zweite Gruppe von Projekten befasst sich eher implizit mit Fragen der Identität an diesem zentralen und symbolischen Ort, in dem sie zeitgenössisch-aktuelle Nutzungen realisieren und damit alternative oder neue Formen von Identitäten aufzeigen. Zu diesen stärker zukunftsorientierten Nutzungen könnten internationale Kooperationen, insbesondere mit Osteuropa, zählen sowie innovative kulturelle Aktivitäten, welche im öffentlichen Raum der Stadt bislang unterrepräsentiert sind.
- c) Eine dritte Gruppe von Projekten stärkt den öffentlichen Charakter des Ortes, in dem sie andere Teile der Öffentlichkeit als die beiden zuerst genannten Nutzungsgruppen anspricht und diese vorübergehend einen Ort im Palast gibt. Dieses setzt eine Tradition fort, die der Palast der Republik in positiver Wiese erfüllt hat. Hierzu gehören etwa Projekte für Jugendliche, Heiraten im Palast usw.
Die Zwischennutzung macht den Palast der Republik zu einem urbanen Labor, das experimentell Fragen der Geschichte, Zukunft, Identität, und Öffentlichkeit thematisiert. Die einzelnen Projektgruppen lassen sich nicht strikt voneinander trennen. Neben einer Hauptnutzung, die einen größeren Teil der Flächen der Zwischennutzung für ein Publikum von 100 – 800 Personen bespielt können Sekundärnutzungen stattfinden, wie etwa Club, Spaziergänge durch den Palast, Sport für Jugendliche.
Autoren: Studio Urban Catalyst, TU Berlin.